Die E-Mail ist tot“ – „Es lebe die E-Mail“. Viele selbsternannte Branchenkenner und Evangelisten treiben – oft in Ermangelung spannender Themen – regelmäßig die gleiche Sau durch das digitale Marketing-Dorf.
Ebenso regelmäßig kommt in den Marketingbüros die Frage auf, wie viel Budget man dem Kanal „E-Mail“ denn noch zubilligen sollte? Schließlich ist ja Social Media gerade stark im Kommen, und es versteht sich von selbst, dass kein junggebliebener Senior Vice President Online Marketing diese Gelegenheit verpassen möchte. Schließlich sind ja quasi alle statistisch relevanten Zielgruppenvertreter auf Facebook vertreten, folgen allen möglichen und unmöglichen Promis auf Twitter und posten Bilder ihres Mittagessens auf Instagram. Wieso also sollten sich all diese Leute um Werbung auf einem Kanal scheren, der oft älter ist als der Senior Vice President selbst? Was alt ist gehört entsorgt! Das gilt erst recht für Email, dieses Relikt aus der Frühzeit des Internet!
Im Rahmen der Publikation „Die richtige Strategie im Dialogmarketing: E-Mail und Social Networks – Konkurrenz oder Zusammenspiel?“ für den Bundesverband Deutscher Digitalwirtschaft (BVDW) haben sich mein Co-Autor André Görmer von Teradata und ich Gedanken zu diesem epischen Kampf der Marketing-Kanäle gemacht. Nach Sichtung vieler Quellen kamen wir zu dem Schluss, dass es diesen Kampf eigentlich gar nicht geben dürfte, und dass jede Marketingabteilung, die ihn dennoch führt, eigentlich einen neuen Chef benötigt.
E-Mail Service Provider (ESPs) – Firmen, die im Kundenauftrag E-Mails versenden – haben ihr Angebot schon vor längerer Zeit um den hochpersonalisierten Versand von E-Mailwerbung und um Social Channels erweitert. Ein junger Marketer, der fast die Hälfte seiner Zeit mit Whatsapp, Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat, Pinterest und Vine verbringt, mag sich von den vielen Benachrichtigungen über neue E-Mails gestört fühlen. Vielleicht fragt er sich sogar: „Warum machen die das? Social reicht doch!“
Nun, die meisten Unternehmen streben nach Gewinnen, und kein CMO mit Verstand wird den Ast absägen, auf dem er sitzt. Viele Unternehmen erkennen, dass die Verknüpfung der einzelnen Kanäle – Social, Mobile, Web, und ja, auch E-Mail – einen ungehobenen Schatz darstellt, und es besteht in vielen CRM-Abteilungen der Wunsch, solche Synergieeffekte mit einer ganzheitlichen Marketinglösung zu realisieren.
Warum? Zum einen kann die Verknüpfung von Kanälen die Sackgassen einzelner Kanäle, wie z.B. das Ausbleiben von Email-Öffnungen, durch alternative Kanäle wie Push-to-App oder Facebook umschiffen. Zum anderen sind moderne kanalübergreifende Customer-Journeys, wie sie auch Experian seinen Kunden vorschlägt, viel komplexer als klassische Single-Channel-Strategien, aber auch effektiver. Heute arbeiten die Kanäle unterstützend miteinander statt isoliert voneinander. Allerdings erfordert dies einen hohen Automationsgrad, und den kann nur eine leistungsfähige Lösung, z.B. die Experian Marketing Suite, effizient erbringen.
So können Sie z.B. einen User für seinen Facebook-Share mit einem Rabattgutschein per E-Mail belohnen. Die Inhalte von Newslettern werden so einfach in den sozialen Netzwerken geteilt und können z.T. hohe Reichweiten erzielen. Durch den Rückkanal (Email) ist eine Profilanreicherung im Sinne von Big Data jederzeit möglich. Darauf basierend kann dann sogar berechnet werden, welchen „viralen Faktor“ einzelne User haben – ein schönes Wort, weil es geschickt den Umstand verschleiert, dass virale Werbung in den Augen der meisten Marketers schlicht „Gratiswerbung“ ist.
Auf betriebswirtschaftlicher Ebene werden ganz andere Faktoren ausschlaggebend. Hier besinnt man sich auf das höchste Gut einer jeden Organisation: Kennzahlen. Solche Kennzahlen sind toll, weil sie den Eindruck vermitteln, dass man Alles und Jeden messen kann. Gerade dann aber kommt man um Email nicht herum, da Email nach wie vor den besten Return-on-Invest aufweist. Soziale Kanäle funktionieren aber auch gut, und jede Firma benötigt heute einen Twitter-Channel, eine Facebookpage und eine LinkedIn-Präsenz. Allerdings muss dann auch eine Idee her, wie diese Kanäle am besten verknüpft werden.
Das meiste Geld wird heute mit hochpersonalisierten E-Mails verdient. Oft führen soziale Kanäle aber einen signifikanten Anteil der Interessenten zu. Also sollte man doch versuchen, diesen Effekt zu verstärken. Und damit kommen wir zur Kernaussage des o.g. Papers: Zusammen ist man weniger allein!
Sie werden diesen Satz zwar so nicht in dem Dokument finden, aber seine Bedeutung ist glasklar: Diejenigen, die einen maßgeblichen Kanal in der Welt des Onlinemarketings totsagen, holen zwar ein paar Klicks von aufgeschreckten Marketers heraus; wer sich aber auf den leicht dahingeschriebenen Ratschlag verlässt und Email reduziert, der wird ein Stirnrunzeln ernten – bei seinem Vorgesetzten.
Dass ein neuer Kanal gut funktioniert bedeutet nämlich nicht automatisch, dass ein älterer Kanal aufhört zu funktionieren. Auch die SMS hat im Rahmen der 2-Faktor-Authentifizierung ihren zweiten Frühling erlebt, und es gibt auch heute noch erfolgreiche SMS-Werbekampagnen. Email hat vielleicht die Goldgräberstimmung hinter sich gelassen, aber viele Marketingabteilungen vermelden regelmäßig Erfolge durch intelligentere Segmentierung. Die Hinzunahme sozialer Kanäle ermöglicht es dabei, die Segmente weiter zu verfeinern. Und wer sich bereits mit den Effekten von sauberer Segmentierung und Personalisierung auskennt, der wird in den Social Networks die nächste Erweiterung des Marketingmixes sehen – auf keinen Fall aber den Tod der E-Mail.
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